Am Dienstag mußte ich nach Wismar in Mecklenburg- Vorpommern. Einen Tag hatte ich dort zu tun und beschloss, dann doch gleich zwei Tage zu bleiben und einen Tag mit Meeresangeln in der Ostsee zu verbringen. Ich erzählte einem guten Freund davon und er erklärte sich spontan bereit, mich mit seinem Auto hoch zu fahren-seines Zeichens auch ein begeisterter Angler. Wie wir auf die Idee kamen die Wathosen mitzunehmen weiß ich nicht mehr, aber das stellte sich später als Spitzen-Idee heraus.

Der Hafen von Wismar bei unserer Ankunft Dienstag Abend.Hier landete einst Nosferatu und überzog Europa mit der Pest. Der gleichnamige Film von 1922 wurde ebenfalls hier gedreht.
Den ersten " freien" Tag holten wir uns Tipps in einem Angelladen am Hafen. Der wirklich super-freundliche und hilfsbereite Besitzer des Ladens erklärte uns genau, wie man um Wismar wo auf was angelt und gab uns die richtigen Tipps bezüglich Köder. Bei den Preisen rundete er großzügig ab.
Wir hatten mit dem Standort Wismar und der Jahreszeit unglaubliches Glück, ebenso mit dem Wetter. Wismar und ganz besonders die Insel Poel wird von einem mehrere hundert Meter breitem Flachwasser-Streifen gesäumt.
Am Rand dieser Flachwasserzone steht man Brusthoch im Wasser, danach fällt der Grund steil ab-bis in welche Tiefe weiß ich allerdings nicht. Drei Wochen im Jahr kommen an diese Kante Schwärme von Hornhechten aus dem Freiwasser hierher um zu jagen und zu laichen. Diese drei Wochen sind für alle Einheimischen Angler ein Fest- und wir kamen mitten in dieser Saison nach Wismar.
Der Hornhecht ist nicht bedroht, da sie nicht kommerziell gefischt werden können-wenn man sich ihre Form ansieht weiß man warum

der Besitzer des Ladens gab uns den Tipp es bei Hoben, einem winzigen Dorf aus Reetdach-Häusern, zu versuchen. Wir tauften den Ort allerdings beim ersten Anblick in "Flake" um.


Hoben vom Meer aus gesehen.
Wir wollten Blinkern, also verkaufte uns der Ladenbesitzer die richtigen Blinker für Hornhechte, riet uns dazu, die Haken durch besondere Fäden zu ersetzen. Die Hornhechte beißen in diese Fäden und bleiben mit ihren nach hinten gerichteten Zähnen daran hängen- und kommen auch nicht mehr los.
Im Kaufrausch vergaßen wir diese Fäden allerdings, kauften noch jeder eine Wochenkarte für die Ostsee (nicht zu fassen, man braucht eine Karte fürs Meer), und fuhren an die Küste bei Hoben und stapften in unseren Wathosen ca. 200 meter ins Meer.

Trotz strahlendem Sonnenschein ging es nicht ohne dicke Kleidung und 5 mm Neopren.

So sah das dann vom Strand aus, hier in der relativ schmalen Flachwasserzone (200-300 meter) bei "Flake".
Ich hatte dort meinen ersten Biss und immerhin 5 Sekunden einen Fisch am Haken, Harald fing tatsächlich kurz danach den ersten Hornhecht.
Aber irgendwie funktionierte das alles nicht so richtig, schließlich hatte keiner von uns beiden je auf diese Art gefischt. Aber das Jagdfieber war geweckt und wir beschlossen, unsere Hotelzimmer noch um eine Nacht zu verlängern und den nächsten Tag auf die Insel Poel an die Nordspitze bei Gollwitz zu fahren, da dort die Flachwasserzone besonders weit bis zu einer vorgelagerten Insel ins Meer ragt. Der Platz ist eine sehr beliebte Stelle bei Anglern.
http://www.esys.org/rev_info/Deutschlan ... asasat.jpg

Das Bild ist gezoomt, dadurch kann man die Entfernung vom Ufer zur Kante nicht wirklich abschätzen, aber man war bis zur kante gut 15-20 Minuten unterwegs, vielleicht sogar länger. Unsere Schätzungen lagen zwischen 600 und 1000 Meter- durch Hüfthohes Wasser ein wahrer Kraftakt.
Harald kam auf die gute Idee, statt diesen Fäden ein Stück geflochtene Kordel zu binden und hatte damit auch tatsächlich ziemlich bald seinen zweiten Hornhecht.
Bei mir ging dagegen garnichts, außer Nachläufer-wie Pfeile schossen sie hinter den Blinkern her, stoppten dann kurz vor einem, änderten blitzschnell die Richtung und schossen davon- einmal sogar gleich vier Stück auf einmal. Absolut spektakulär!
Die Angler um uns herum an der Kante fingen dagegen einen Hornhecht nach dem anderen.
Die anderen Angler waren allerdings sehr hilfsbereit und offen, gaben uns Tipps und zeigten uns ihre Montagen für Hornhecht-Ein 25gr. Spirolino, schwimmend, ein 1,80 meter langes Vorfach und einen Raider-Haken Größe 4. Als köder benutzten sie entweder rohes Rindfleisch, in kleine Streifen geschnitten oder Fischfetzen, vorzugsweise aus den ersten auf Rindfleisch gefangenen Hornhecht geschnitten. den Köder so weit wie möglich über die Kante werfen-deswegen der Spirolino- und dann ganz langsam einholen.
Allerdings hatten wir ein Problem, es war Feiertag und konnten uns somit frühestens den nächsten Tag die entsprechende Montage zulegen.
Also nochmal die Zimmer um eine Nacht verlängert und den nächsten Tag ins Angelgeschäft. Er hatte alles da und nach kurzer Beratung konnten wir los nach Poel
Am Strand angekommen hielt mich dann auch nichts mehr und machte mich gleich auf den Weg zur Kante.
Erster Wurf-Anfasser.
Zweiter Wurf-Anfasser.
Dritter Wurf, sofort Anhieb gesetzt-Fisch!


Dann ging alles Schlag auf Schlag, ca. jeder 7te Wurf brachte einen Fisch.
Die Hornhechte sind gute Kämpfer, wie große Forellen, nur dass sie einfach nicht aufhören zu kämpfen und zu springen. Ein paar Mal hatte ich Angst um meine Wathose, weil sie auf mich zu schossen und das Neopren ganz sicher durchlöchern können. Selbst in der Hand drehten sie sich wie wild um die eigene Achse, gaben einfach nicht auf.
Nach einer dreiviertel Stunde und 8 Hornhechten, alle zwischen 60 und 70cm, (haben wohl alle in etwa die gleiche Größe, wenn sie zum laichen an die Küsten kommen), machte ich erstmal eine Stunde Pause (es sollte ja ein Urlaub sein) , es wird mit der Zeit echt kalt und brusthoch in den Wellen zu stehen ist auch nicht ohne. Hin und Rückweg sind allerdings das sportlichste an dieser Art zu angeln.
Nach der Pause ging ich nochmal für eine Stunde raus und fing weitere 6 Hornhechte. Sie schnappen sich die Fischfetzen direkt von der Oberfläche, manchmal in spektakulären Attacken.
Für uns beide war es ein erfolgreicher Tag mit einer uns völlig unbekannten Art des Angelns.
ich muss sagen, Wismar und Umgebung haben meine Erwartungen bei weitem übertroffen, eine sehr schöne und saubere Stadt, die menschen sind freundlich und hilfsbereit, die Landschaft ist der Hammer. Es gibt dort auch nicht nur das Meer zum Angeln, sondern Wismar ist von vielen Seen umgeben, sogar für den Nicht-Angelschein-Besitzer gibt es Fischteiche.
Der einzige Nachteil ist die mit 750 km große Entfernung, trotzdem, vielleicht fahre ich nächstes Jahr zur Hornhecht-Saison wieder hoch, für mich hat es ich gelohnt, der beste Urlaub seit vielen Jahren, so zufrieden war ich lange nicht mehr.
Absolut empfehlenswert!!
Gruß Jörg