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Gesetzeskunde :)

Verfasst: 23.07.2013, 21:06
von Urian-Guiding
Moin,

mir fällt in letzter zeit vermehrt auf das es doch ziemlich Wirr wird wenn es um Gesetze geht.

Als Angler richten wir uns nach einigen Gesetzen. Natürlich sollten wir diese auch kennen!

-Fischereigesetz.
-Tierschutzgesetz
-Landerfischereiverordnung
-Naturschutz Gesetz BaWü
-Bundesnaturschutz Gesetz

Mehrfach kam es in der vergangenheit zu fragen die 1:1 in den Gesetzestexten beantwortet werden.
2-3 Beispiele:

1. Darf man auf die Fische nach dem Hochwasser auf den Wiesen einfach einsammeln?
§ 15 FischereiGesetz BaWü
Fischfang auf überfluteten Grundstücken
(1) Tritt ein Gewässer über seine Ufer, so sind der
Fischereiausübungsberechtigte und seine Helfer befugt, auf den
überfluteten Grundstücken auf eigene Gefahr zu fischen. Von der
Befischung sind überflutete fremde Fischgewässer, Hofräume, gewerbliche
Anlagen und eingefriedete Grundstücke einschließlich der Grundstücke, bei
denen die Einfriedung des Ufers fehlt, ausgeschlossen. Eingezäunte
Viehweiden gelten insoweit nicht als eingefriedete Grundstücke.
(2) Maßnahmen, die die Rückkehr der Fische in ein Gewässer oder das
Fischen auf den überfluteten Grundstücken erschweren oder verhindern,
sind unzulässig.
(3) Eigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigte überfluteter
Grundstücke sind nicht berechtigt, auf diesen Grundstücken zu fischen.
Fische, die in Gräben oder anderen Vertiefungen, die mit den Gewässern
nicht mehr in Verbindung stehen, zurückbleiben, kann sich der
Fischereiausübungsberechtigte innerhalb von drei Tagen nach Rücktritt
des Wassers aneignen. Nach Ablauf dieser Frist steht dieses Recht dem
Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten des Grundstücks zu


Heist auf Deutsch NUR der Fischereiberechtigte darf Fische einsammeln und aneignen (dies gilt auch fürs zurücksetzen ins Flussbett)

2. Darf ich gefangene Fische zurücksetzen, obwohl sie ausserhalb der Schonzeit gefangen wurden und das Mindestmaß erreicht haben?

§ 1 Tierschutz Gesetz
Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben
und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder
Schäden zufügen.


§ 17
Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder
2. einem Wirbeltier
a) aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder
b) länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden
zufügt.


zu 1.
Eine Legaldefinition des Begriffs „vernünftiger Grund“ gibt es nicht. Der Gesetzgeber bedient sich hier zur Beschreibung seiner Ziele eines unbestimmten Rechtsbegriffs, da die vielfältigen Vorgänge der Lebenswirklichkeit nicht umfassend und abschließend dargestellt werden können. (Quelle)
zu 2.
Bei der Beurteilung, ob bei einem Tier erhebliche Leiden im Sinne des § 17 Nr. 2 b) TierSchG vorliegen, ist darauf abzustellen, ob äußerlich wahrnehmbare Auffälligkeiten im Verhalten der Tiere festzustellen sind, die als taugliche Anzeichen für das Vorliegen eines erheblichen Leidens anzusehen sind. (Quelle)

3. Darf ich ein grundstück am Neckar betreten um dort zu angeln?

§ 16 Fischerei Gesetz
Uferbetretungsrecht, Zugang zum Gewässer
(1) Der Fischereiausübungsberechtigte und seine Helfer sind, soweit dies
zur ordnungsgemäßen Ausübung der Fischerei erforderlich ist und
öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen, befugt, auf eigene
Gefahr die Ufergrundstücke, Inseln, Anlandungen, Schiffahrtsanlagen
sowie Brücken, Wehre, Schleusen und sonstige Wasserbauwerke zu
betreten sowie zur Hege, zum Fang oder zur Aufbewahrung von Fischen
bestimmte Geräte dort zu befestigen. Ausgenommen hiervon sind
Gebäude, Hofräume, gewerbliche Anlagen mit Ausnahme von
Campingplätzen sowie eingefriedete Grundstücke einschließlich der
Grundstücke, deren Einfriedung zum Ufer fehlt. § 15 Abs. 1 Satz 3 und
Abs. 4 findet entsprechende Anwendung.
(2) Kann der Fischereiausübungsberechtigte ein Gewässer oder ein
überflutetes Grundstück nicht über
einen öffentlichen Weg oder nur auf
einem unzumutbaren Umweg erreichen, so kann er von anderen
Grundstückseigentümern oder Nutzungsberechtigten verlangen, daß sie
gegen eine angemessene Entschädigung das Betreten ihrer Grundstücke
auf eigene Gefahr dulden. Absatz 1 Satz 2 und 3 findet Anwendung.


Der Angler darf also grundstücke die nich eingezäunt sind betreten, ist aber für Schäden verantwortlich zu machen.


Hoffe ich konnte etwas Klarheit schaffen. Oft ist es einfach in einem Gesetz zu schauen. Denn eigentlich sollte JEDER von uns diese Gesetze kennen und zumindest schonmal gelesen haben. Denn unwissenheit schützt nicht vor Strafe.

Viele Grüße

Verfasst: 23.07.2013, 22:28
von schweyer
Zitat:"Eine Legaldefinition des Begriffs „vernünftiger Grund“ gibt es nicht. Der Gesetzgeber bedient sich hier zur Beschreibung seiner Ziele eines unbestimmten Rechtsbegriffs, da die vielfältigen Vorgänge der Lebenswirklichkeit nicht umfassend und abschließend dargestellt werden können."

Kannst mir diesen Passus mal in verständlichem Deutsch erklären?
Versteh ich ehrlich gesagt nicht.

Gruß Thomas

Verfasst: 24.07.2013, 06:05
von Urian-Guiding
Hallo Thomas,

Wenn ich selbst es soweit richtig versteh geht es nur darum das es auslegungssache ist was ein vernünftiger Grund ist.

Ich denke was der Richter genau meint verstehen nur Juristen. Für uns ist denke der erste und 2. satz wichtig.

Grüße

Verfasst: 24.07.2013, 09:41
von Albino-Waller
:JGS:

Verfasst: 24.07.2013, 10:38
von schweyer
C & R........darf ich nun oder darf ich nicht?

Hallo Albino,

Dein durchaus nettes Smily "Jaaaaaa, genau so" sagt mir, dass Du offensichtlich in Kenntnis der genauen Rechtslage bist und Du mir diese nun erklären kannst.
Vorsätzliches C&R widerspricht der Rechtslage, aber wie sieht es mit selektiver Entnahme aus? Darf ich Fische zurücksetzen, die ich nicht verwerten kann oder will?

Zitat:"Bei der Beurteilung, ob bei einem Tier erhebliche Leiden im Sinne des § 17 Nr. 2 b) TierSchG vorliegen, ist darauf abzustellen, ob äußerlich wahrnehmbare Auffälligkeiten im Verhalten der Tiere festzustellen sind, die als taugliche Anzeichen für das Vorliegen eines erheblichen Leidens anzusehen sind. (Quelle) "

Nächste Frage....konkreter Fall:

Beim Versuch einen Karpfen für die Pfanne zu fangen ging mir eine stattliche Barbe an den Haken. Da ich für diesen Fisch keine Verwertungsmöglichkeit gesehen habe, entschloss ich mich, diesen zurückzusetzen. Das Entfernen des Hakens war völlig problemlos, bedingt durch steiles Ufer war das Zurücksetzen nur mittels Kescher möglich.

Als die Barbe im Wasser war, legte sie sich auf die Seite und blieb liegen.
Dies war durchaus als "wahrnehmbare Auffälligkeit" einzustufen.

Hätte ich sie nun wieder dem Wasser entnehmen müssen, um sie abzuschlagen?

Gruß Thomas

PS: Nach zwei vorsichtigen Stupsern mit dem Kescher verschwand sie dann.....qicklebendig wie ich meine....in den Tiefen des Neckars.

Verfasst: 24.07.2013, 11:14
von Albino-Waller
was ist jetzt schon wieder muss man jetzt für alles was man schreibt oder Postet rechenschaft ablegen, ich bitte dich das doch selbst dir bei Google zu suchen und durch zu lesen, ich habe weder die zeit noch Lust mich andauert von dir anmachen zu lassen lass mich einfach in ruhe sind dir die Worte ein Begriff, danke für dein Verständnis.

Verfasst: 24.07.2013, 11:24
von schweyer
naja.....etwas fundiert sollte das Geschriebene schon sein, auch um nicht in den Verdacht zu geraten, nur heiße Luft abzulassen. Dies ist nicht auf Dich gemünzt, sondern ist allgemeingültig gehalten.

Sorry.....ich wollte Dir in keinster Weise auf den Schlips treten, Dein Beitrag weckte in mir nur den Verdacht, Du könntest mir bei meinen Fragen helfen....hab mich da wohl getäuscht......nochmals "sorry".

Vielleicht findet sich ja jemand für ne kompetente Antwort.

Verfasst: 24.07.2013, 12:13
von Diggler
Urian-Guiding hat geschrieben:Hallo Thomas,

Wenn ich selbst es soweit richtig versteh geht es nur darum das es auslegungssache ist was ein vernünftiger Grund ist.

Ich denke was der Richter genau meint verstehen nur Juristen. Für uns ist denke der erste und 2. satz wichtig.

Grüße



So, jetzt versuch ichs mal: Ich meine zu wissen, dass Urian-Guiding grundsätzlich richtig liegt. Unbestimmte Rechtsbegriffe können vom Gericht einzellfallabhängig ausgelegt werden.
Insofern bleibt einem nichts übrig, als sich an die Rechtsprechung in Einzelfällen zu halten. Hier hat der jeweilige Richter einen "vernünftigen Grund" quasi durch Urteil definiert. An solche Urteile wird sich dann für die Zukunft gerne orientiert. Am besten wäre es, wenn es zum Thema ein BGH-Urteil gäbe, nach dem sich die Rechtsprechung für die Zukunft orientiert. Ob es überhaupt richterliche Urteile zu dem Thema gibt, entzieht sich aber leider meiner Kenntnis. Wenn jemand was findet, kann er es ja hier posten.

Sollte es keine Urteile bzw. nicht ausreichend Rechtsprechung zum Thema geben, dann herrscht somit eben Rechtsunklarheit und man hat zwei Möglichkeiten: Entweder nichts riskieren und kein C&R oder es darauf ankommen lassen, im Zweifel ein richterliches Urteil erzwingen und sehen, was dabei rauskommt.

Gemäß §1 S.1 iVm S.2 Tierschutzgesetz ist es sowohl verboten, ein Tier ohne vernünftigen Grund zu töten als auch ihm Leid, Schmerzen, etc. zuzufügen. Wenn man statt dem Karpfen, den man fangen will, um ihn zu essen, eine Barbe erwischt, die man nicht essen möchte, muss man hier eine Abwägung treffen. Welche Handlung ist für das Tier schlimmer? Es zu töten oder ihm Leid zuzufügen(was man mit dem Fangen ja sowieso "versehentlich" getan hat)?

- subjektiv wollte man einen Karpfen aus vernünftigem Grund (Verwertung) fangen, objektiv hat man einer Barbe unnötig Leid zugefügt. Da man aber auch den subjektiven Tatbestand verwirklichen muss, um eine vorsätzliche strafbare Handlung zu begehen, ist der Tatbestand "Tierquälerei" im vorliegenden Einzelfall nicht erfüllt. So wäre zumindest meine Rechtsauffassung(und das obwohl ich grundsätzlich kein großer Freund von C&R bin...). Man könnte aber auch bedingten Vorsatz begründen, da man den versehentlichen Fang der Barbe für möglich hält und billigend in Kauf nimmt. Dann wäre es wieder strafbar...wie ihr seht, alles Begründungssache. ;)
Aber ich vermute sowieseo, dass sich kein Gericht der Welt großartig mit solchen "Kinkerlitzchen" beschäftigt. Zudem wüsste ich nicht, wer einen deshalb anzeigen sollte...

Was aber in keinem Fall geht, ist die Barbe zu töten und dann wegzuschmeissen!!! Das wäre in jedem Fall strafbar! Es sei denn, es wird aus Hegegründen angeordnet (Entnahmepflicht oder so).


Hier noch ein paar Urteile. Helfen leider nur in Bezug aufs Wettangeln weiter...
http://www.tierschutz-urteile.de/fallsammlung.php?kat=4


Gruß

Tobi

Verfasst: 24.07.2013, 13:20
von Diggler
Hier endlich mal ein Urteil zu C&R - langer Text! Aber leider nur bedingt auf mein oben genanntes Beispiel anwendbar.
Das Urteil zielt klar auf das Fangen um des Drills und Fotografierens wegen ab.

http://www.bezirk2-ilmenau.de/html/urteil_zu_c-r.html

und die Meinung der Rechtsliteratur dazu - vor allem die Abschlussbewertung entspricht meiner o.g. Auffassung.

http://www.wkdis.de/aktuelles/rechtsnews/62484

Näheres zum Lauf des o.g. Verfahrens - nach der Auffassung wäre C&R im von mir bzw schweyer genannten Beispeil nicht bestraft worden. Jedoch ist zu beachten, dass der Beschuldigte nicht freigesprochen, sondern lediglich das Verfahren eingestellt wurde. Das heißt aus meiner Sicht, dass er, wenn man entsprechende Anhaltspunkte wie z.B. große Mengen an Fotos und Trophäen bei ihm gefunden hätte (also der Fall in Richtung erster Link - Karpfenjägerfall - gegangen wäre), verurteilt hätte werden können.

http://www.farioev.de/catch_release/car.html


Ich hoffe, jemand kann was mit dem ganzen Zeug anfangen und ich hab mit dem ganzen Stoff niemanden erschlagen... :wink:

Verfasst: 24.07.2013, 13:22
von schweyer
DANKE für Deine kompetente Auskunft und Mühe :)

Verfasst: 24.07.2013, 14:03
von Diggler
Passt scho. ;) Wie Du siehst, hab ich doch noch Urteile dazu gefunden.


Gruß

Tobi

Verfasst: 24.07.2013, 15:47
von Urian-Guiding
Wow Diggler ich bin begeistert!

Du hast es genau auf den Punkt gebracht.

Wenn man einen Fisch fängt mit dem Ziel ihn "nur" zu fotografieren und ihn dann wieder Schwimmen zu lassen. Ist der eindeutige Tatbestand aus beiden Paragraphen (1&17) gegeben.

Beispiel 1
Wenn ich aber wie im beispiel beim Karpfenangeln mit Boilies beim einholen auf den Routierenden Boilie einen Hecht fange, diesen SOFORT (ohne großes Messen, wiegen, Foto etc) zurück setze. Ist dies keine Strafbare Handlung.


Wie verhält es sich denn nun im folgenden Beispiel?

Beim Aalangeln fang ich einen Wels. (Laut lizenz muss ich diesen entnehmen)
Ich kann/will diesem Fisch aber nicht verwerten. Also muss ich ihn Waidgerecht betäuben und Töten.
Laut Fischerei Verordnung darf ich ihn nicht verkaufen und auch nicht verschenken. Also bleibt nur Entsorgen.
Laut einem Gerichturteil darf kein gesundes und Lebensfähiges Wirbeltier mit den Zweck der Entsorgung getötet werden. (Wenn ich daheim bin such ich das urteil mal raus)

Jetzt steh ich vor einem Problem?

Verfasst: 24.07.2013, 16:06
von schweyer
Hallo Urian,

mein laienhaftes Rechtsverständnis würde mir bei Deinem konstruierten Beispiel sagen, hier greift das Gesetz der Hege.

Gruß Thomas

Verfasst: 24.07.2013, 17:04
von Diggler
So würde ich es auch sehen - es wurde Dir durch die Berechtigungskarte quasi angeordnet, den Fisch zu entnehmen. Hierfür können eigentlich allein Hegegründe maßgeblich sein. Also MUSST Du ihn entnehmen und kannst ihn im Zweifel auch entsorgen (was ich völlig blödsinnig fände...). Wenn Dich dann jemand anzeigt, könntest Du Dich auf die Anordnung berufen und somit müsste der Pächter/Fischereiberechtigte dann gegebenenfalls nachweisen, dass die Entnahme aus Hegegründen erforderlich ist.

Für die Hege ist allein der Fischereiberechtigte zuständig und nicht der einzelne Angler. Also sind die Vorgaben auf der Karte verbindlich.
So gesehen ist hier die Rechtslage klarer als in den anderen Fällen.

Verfasst: 24.07.2013, 21:07
von Urian-Guiding
schweyer hat geschrieben:Hallo Urian,

mein laienhaftes Rechtsverständnis würde mir bei Deinem konstruierten Beispiel sagen, hier greift das Gesetz der Hege.

Gruß Thomas


Guuut!

Gibt doch noch leute die sich mal mit den Gesetzen befassen!

Jetzt mal im ernst was schätzt ihr wie die antworten am Neckar ausfallen würden?