Waller an der Oberfläche - Bericht + Video
Verfasst: 24.07.2015, 01:06
Aufgrund der anhaltenden Hitze führt der Neckar nur sehr wenig Wasser. Sauerstoff ist knapp. Der Strom spült die Exkremente der asiatischen Körbchenmuschel nicht mehr davon. Langsam geht ihnen die Luft aus. Die Scheiße steht ihnen bis zum Hals. An einem heißen Juli-Morgen ist es soweit, die ersten Muscheln sterben, ersticken an Ihrer eigenen Kot. Das Wasser ist flach, die Hitze treibt die Verwesung voran. Langsam steigen sie auf, zur Oberfläche wo sie langsam unter der brütenden Mittagshitze gegart werden.
Was für ein Festschmaus für unsere zahlreichen Welse. Tagelang beobachte ich gegen Abend, wie sich mehr und mehr Welse einfinden und sich an dem reich gedecktem Tisch sattessen.






Am vierten Tag ist es soweit. Im Dunkeln machen Steffen und ich uns auf den Weg. Im Kanadier fahren wir langsam in das Krautfeld und überfahren gleich auf den ersten Metern einen wirklich großen Waller, der das Boot zum Schaukeln bringt. Ein dumpfer Schlag unter den Kiel, ein Schwall, Wasser trifft uns. Egal, es ist heiß und wir sind im Amazonas. In den darauffolgenden Stunden erleben wir eine einzigartige Fischerei. Überall können wir Waller gezielt anwerfen, doch es will einfach keiner beißen. Forelle und Döbel an der Oberfläche präsentiert und zu kleinen Happen in Muschelgröße geschnitten werden bis auf einen Fehlbiss ignoriert. Die Muscheln finden wir nicht. Anscheinend schwimmen keine mehr herum. Viertelstündlich überfahren wir einen der Welse, die sofort mit einer heftigen Flucht oder einem Schlag unter das Boot reagieren.
Am nächsten Tag schaffen wir es noch einmal für drei Stunden auf den Neckar. Diesmal mit Popper, Stickbait und Softjerks, doch es gibt wieder nur ein Nachläufer.
Hier noch ein Artikel aus der Heilbronner Stimme vom 18.07.2003
Muscheln sind an ihren eigenen Exkrementen zugrunde gegangen
Von Helmut Buchholz
Das Rätsel um das Massen-Muschelsterben im Neckar ist weitgehend gelöst. Die Muscheln sind an ihren eigenen Exkrementen erstickt. Schuld am Exitus sind die Hitzewelle und - so paradox das klingen mag - die verbesserte Wassergüte des Neckars.
Millionenfach schwammen die leblosen weißen Fleischklumpen im Fluss. Aufmerksame Neckarfestbesucher und Fischer alarmierten die Behörden und riefen die Experten der Landesanstalt für Umweltschutz (LfU) auf den Plan. Die Biologen untersuchten das Massensterben in einer Muschelkolonie in einem Altarm des Neckars bei Horkheim. Nach der Auswertung der Ergebnisse ist die Todesursache des rätselhaften Massensterbens " weitgehend erklärbar", sagt Hartmut Vobis von der LfU: Die so genannten Körbchenmuscheln sind an ihren eigenen Exkrementen erstickt. Dafür gibt es mehrere Gründe: Der Neckar fließt während der extremen Hitze viel langsamer als sonst. Das heißt, die Ausscheidungen der Muscheln wurden nicht mehr in ausreichendem Maße weggespült. "Dadurch sind die im eigenen Dreck erstickt." Dazu kommt der erhöhte Nahrungs- und Sauerstoffbedarf der Tiere im Juni und Juli - der Paarungszeit. Zurzeit hat der Fluss aber nur noch zehn Prozent seines normalen Sauerstoffgehalts, weil die Hitze so groß ist und viel zu wenig Regen fällt. In den riesigen Muschelbänken bei Horkheim, wo etwa 5000 Exemplare auf einem Quadratmeter lebten, "geht die Sauerstoffkonzentration gegen Null", erklärt Vobis. Doch auch die stetig steigende Qualität des Flusses hat den Tod begünstigt, so widersprüchlich das zunächst klingt. Durch die verbesserte Wassergüte hat der Neckar gutes und nahrungsreiches Plankton. Wo es viel und gutes Futter gibt, vermehren sich auch die Muscheln prächtig. Allerdings habe das Gewässer im Sommer ein " Planktonloch". Durch die niedrigen Wasserstände und den geringen Sauerstoffgehalt gibt es auch weniger Plankton. Und das ausgerechnet zur Paarungszeit der "Corbicula fluminea ". Das Gute wird zum Bösen.Der Exitus hat aber keine weiteren Auswirkungen auf Flora und Fauna des Neckars, haben die Experten festgestellt. Und auch die großen Mengen an Kadavern, die beim Heilbronner Neckarfest im Wasser auftauchten, kamen nicht von ungefähr. Die Veranstalter hatten die Fließgeschwindigkeit des Flusses nämlich künstlich erhöht, damit der Umzug samt Bootskorso nicht gar zu langsam am Publikum vorbei zieht. Es wurde einfach mehr Wasser aus den Schleusen in den Fluss gelassen. Damit schwemmte es aber auch die toten Muscheln in den alten Neckar nach Heilbronn."
aus der Heilbronner Stimme 18.07.2003
Gruß, Hannes
Was für ein Festschmaus für unsere zahlreichen Welse. Tagelang beobachte ich gegen Abend, wie sich mehr und mehr Welse einfinden und sich an dem reich gedecktem Tisch sattessen.






Am vierten Tag ist es soweit. Im Dunkeln machen Steffen und ich uns auf den Weg. Im Kanadier fahren wir langsam in das Krautfeld und überfahren gleich auf den ersten Metern einen wirklich großen Waller, der das Boot zum Schaukeln bringt. Ein dumpfer Schlag unter den Kiel, ein Schwall, Wasser trifft uns. Egal, es ist heiß und wir sind im Amazonas. In den darauffolgenden Stunden erleben wir eine einzigartige Fischerei. Überall können wir Waller gezielt anwerfen, doch es will einfach keiner beißen. Forelle und Döbel an der Oberfläche präsentiert und zu kleinen Happen in Muschelgröße geschnitten werden bis auf einen Fehlbiss ignoriert. Die Muscheln finden wir nicht. Anscheinend schwimmen keine mehr herum. Viertelstündlich überfahren wir einen der Welse, die sofort mit einer heftigen Flucht oder einem Schlag unter das Boot reagieren.
Am nächsten Tag schaffen wir es noch einmal für drei Stunden auf den Neckar. Diesmal mit Popper, Stickbait und Softjerks, doch es gibt wieder nur ein Nachläufer.
Hier noch ein Artikel aus der Heilbronner Stimme vom 18.07.2003
Muscheln sind an ihren eigenen Exkrementen zugrunde gegangen
Von Helmut Buchholz
Das Rätsel um das Massen-Muschelsterben im Neckar ist weitgehend gelöst. Die Muscheln sind an ihren eigenen Exkrementen erstickt. Schuld am Exitus sind die Hitzewelle und - so paradox das klingen mag - die verbesserte Wassergüte des Neckars.
Millionenfach schwammen die leblosen weißen Fleischklumpen im Fluss. Aufmerksame Neckarfestbesucher und Fischer alarmierten die Behörden und riefen die Experten der Landesanstalt für Umweltschutz (LfU) auf den Plan. Die Biologen untersuchten das Massensterben in einer Muschelkolonie in einem Altarm des Neckars bei Horkheim. Nach der Auswertung der Ergebnisse ist die Todesursache des rätselhaften Massensterbens " weitgehend erklärbar", sagt Hartmut Vobis von der LfU: Die so genannten Körbchenmuscheln sind an ihren eigenen Exkrementen erstickt. Dafür gibt es mehrere Gründe: Der Neckar fließt während der extremen Hitze viel langsamer als sonst. Das heißt, die Ausscheidungen der Muscheln wurden nicht mehr in ausreichendem Maße weggespült. "Dadurch sind die im eigenen Dreck erstickt." Dazu kommt der erhöhte Nahrungs- und Sauerstoffbedarf der Tiere im Juni und Juli - der Paarungszeit. Zurzeit hat der Fluss aber nur noch zehn Prozent seines normalen Sauerstoffgehalts, weil die Hitze so groß ist und viel zu wenig Regen fällt. In den riesigen Muschelbänken bei Horkheim, wo etwa 5000 Exemplare auf einem Quadratmeter lebten, "geht die Sauerstoffkonzentration gegen Null", erklärt Vobis. Doch auch die stetig steigende Qualität des Flusses hat den Tod begünstigt, so widersprüchlich das zunächst klingt. Durch die verbesserte Wassergüte hat der Neckar gutes und nahrungsreiches Plankton. Wo es viel und gutes Futter gibt, vermehren sich auch die Muscheln prächtig. Allerdings habe das Gewässer im Sommer ein " Planktonloch". Durch die niedrigen Wasserstände und den geringen Sauerstoffgehalt gibt es auch weniger Plankton. Und das ausgerechnet zur Paarungszeit der "Corbicula fluminea ". Das Gute wird zum Bösen.Der Exitus hat aber keine weiteren Auswirkungen auf Flora und Fauna des Neckars, haben die Experten festgestellt. Und auch die großen Mengen an Kadavern, die beim Heilbronner Neckarfest im Wasser auftauchten, kamen nicht von ungefähr. Die Veranstalter hatten die Fließgeschwindigkeit des Flusses nämlich künstlich erhöht, damit der Umzug samt Bootskorso nicht gar zu langsam am Publikum vorbei zieht. Es wurde einfach mehr Wasser aus den Schleusen in den Fluss gelassen. Damit schwemmte es aber auch die toten Muscheln in den alten Neckar nach Heilbronn."
aus der Heilbronner Stimme 18.07.2003
Gruß, Hannes